Dienstag, 20. Dezember 2016

Berechnen der Schaltverluste einer dreiphasigen Brücke

Auch dieser Beitrag basiert wieder auf der App-Note "Calculating Motor Driver Power Dissipation" von TI. Bei allen verwendeten Daten beziehe ich mich ebenfalls wieder auf mein letztes Brücken-Design.

  • Betriebsparameter
    • $U_{BAT} = 4,2V \cdot 18 = 75,6V$
    • $I_{BAT} = 100A$ 
    • PWM Frequenz: 24kHz 
  • MosFETs
    • $R_{DS(ON)_{MAX}}  = 4,5m\Omega$
    • $Q_g = 58nC$
    • 8 x FETs parallel

Treiberleistung

Der Vollständigkeit halber will ich auch kurz auf den Leistung- bzw. Strombedarf des Treibers eingehen. Dabei beziehe ich mich auf das Wiki von mikrocontroller.net zu MosFet-Treibern. Dort wird die Treiberleistung wie folgt berechnet.

$P_{Drv} = f_{sw} \cdot Q_{g_{Gesamt}} \cdot U_{Drv}$

Die Spannung $U_{Drv}$ ist hier die Spannungsversorgung des Treibers und damit die Spannung auf die die Gates umgeladen werden. Das die Highside noch 0,7V über die Bootstrap-Diode einbüßt vernachlässige ich in den folgenden Rechnungen. 

Die Ladung $Q_{g_{Gesamt}}$ steht hier für die Total-Gate-Charge $Q_g$ aller mit der PWM Frequenz $f_{sw}$ geschalteten FETs. In meinem Fall also $48 \cdot 58nC = 2784nC$. 

$P_{Drv} = f_{sw} \cdot Q_{g_{Gesamt}} \cdot U_{Drv} = 24kHz \cdot 2784nC \cdot 12V = 0,8W$

Daraus lässt sich dann auch der Strombedarf für den Treiber mit $I_{Drv} = \cfrac{P_{Drv}}{U_{Drv}} = \cfrac{0,8W}{12V} = 67mA$ berechnen.

Schaltverluste

Wirklich zubuche schlagen aber die eigentlichen Schaltverluste während des Umschaltens zwischen Low- und Highside.

Dafür setzt man üblicherweise eine linear steigende/fallende Spannung bei konstantem Strom voraus. Die Fläche des Spannungsdreiecks bestimmt damit die eigentliche Schaltverlustleistung. TI gibt deshalb pro Phase folgende Gleichung an:

$P_{sw_{Ph}} = 0,5 \cdot U_{BAT} \cdot  I \cdot t_{rf} \cdot f_{sw}$

Bis auf die Anstiegs- bzw. Fallzeit der Spannung sind alle benötigten Werte bereits bekannt. Für eine halbwegs gute Näherung setze ich einfach mal an, das der LM5101A 3A in die Gates von 8 FETs schiebt. Um die Gateladung der FETs mit 3A auf 12V zu laden braucht er:

$t_{rf} = \cfrac{8 \cdot Q_g}{3A} = \cfrac{8 \cdot 58nC}{3A} = 154ns$

Ja dabei vernachlässige ich bewusst die Abflachung des Anstiegs je höher die Spannung steigt. Aber im Grunde muss der FET ja auch nur über seinen Threshold und das ist bei 63% von 12V auf jeden Fall so. Zur Sicherheit nehme ich $t_{rf} =200ns$ an.

$P_{sw} = 3 \cdot 0,5 \cdot U_{BAT} \cdot  I \cdot t_{rf} \cdot f_{sw} = 1,5 \cdot 75,6V \cdot 82A \cdot 200ns \cdot 24kHz = 44,6W$

Gesamtverluste der Brücke

Alles in allem komme ich so auf eine Verlustleistung $P_v = 11,4W + 0,8W + 44,6W = 56,8W$. Wenn die Brücke bei dieser Verlustleistung bei 30°C Umgebungstemperatur nicht die zulässige Sperrschichttemperatur der FETs von 150°C übersteigen soll dann muss der thermische Widerstand der Kühlung unter $\cfrac{150°C - 30°C}{56,8W} = 2\cfrac{K}{W}$ liegen. 

Da ist es goldwert 48 FETs zuhaben. Denn ein FET allein hat bereits einen thermischen Widerstand von der Sperrschicht zum Gehäuse von $\approx1\cfrac{K}{W}$. Dieser reduziert sich glücklicherweise bei 48 FETs die doppelseitig an einen Kühlkörper angebunden sind auf  $\approx1/96\cfrac{K}{W}$ sprich $\approx0,01\cfrac{K}{W}$. Nichts desto trotz sind Kühlkörper mit weniger als $2\cfrac{K}{W}$ nicht gerade klein geschweige den leicht.

Wie ich das gekühlt bekomme werden ich sehen wenn der elektrische Aufbau steht.

Soweit erstmal die mathematische Auslegung. 

4 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die Beiträge! Sehr interessant wieviel Schaltverluste da entstehen. 45Watt ist echt brutal, da kannst du glatt einen CPU Kühler drauf schrauben oder einen von einer Graka. Von den kleineren Grafikkarten sind die relativ flach.

    Bei mehreren FETs steigt aber auch Q_g. Wenn man weniger FETs hat, werden die Schaltzeiten kürzer und die Verlustleistung geringer, bei gleichem Gate-Strom. Wenn ich es richtig sehe, sind die Gleichungen linear, sprich bei hälfte der FETs nur die halbe Verlustleistung.
    Sollte man hier nicht auch den Innenwiderstand des Gates von dem FET und die minimale Einschaltzeit betrachten?
    So, dass man zuerst die minimale Schaltzeit und den ESR ausreizt und erst dann auf mehrere FETs geht?

    Gruß
    Andi

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  2. Vorsicht mit verkürzen der Schaltzeit. Bie 75V in 200ns bin ich schon bei einen dV/dt von 375V/µs. Bei einer wesentlich größeren Flankensteilheit sorgt erstmal für mehr EMV und kann ggf. die FETs in Mitleidenschaft ziehen. Weil ein höheres dV/dt auch die Kleinsten parasitären Induktivitäten bemerkbar macht. Ich will mit eher versuchen den Strom im Umschaltzeitpunkt über Snubberkondensatoren zu führen.
    Die begrenzen zum einen das dV/dt, weshalb sie bei richtigen Zwischenkreisumrichtern unerlässlich sind, zum Anderen verringern sie einen Teil der Schaltverluste. Weil der Phasenstrom den Kondensator umladen muss und so der Strom durch die FETs kurz Zeitig verringert wird.

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  3. Das war mir nicht bewusst. Steht es irgendwo im Datenblatt welches dV/dt ein FET verträgt?
    Sehe ich das richtig, dass man mit Snubber einen Kondensator parallel zum FET meint?

    Ich dachte man muss nur auf die Switching Time und auf Gate Resistance achten. Sprich V_gs und R_gate_vorwiderstand so dimensionieren, dass die minimale Switching Time nicht unterschritten wird.

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  4. Das dV/dt ist dem FET ansich egal. Es geht darum das bereits kleine Induktive-Strecken genug Energie enthalten um im Umschaltmoment die maximale Drain-Source Spannung zu überschreiten und wenn da der FET zu schnell abschaltet. Ansonsten geht es beim dV/dt hauptsächlich um EMV-Störungen und die können wiederum auch zu Signalfehlern führen und FETs sterben lassen.

    Genau die Snubber Caps liegen Parallel zu den einzelnen FETs. Siehe aber auch nächste Blog Post :)

    Gruß

    Alex

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